Geschichte des Porzellans

„Die Neugier steht immer an erster Stelle eines Problems, das gelöst werden will.“

Galileo Galilei


Das Porzellan der Chinesen
Seit der Hochblüte westchinesischer Kulturen (1122 bis 770 v. Chr.) ist Porzellan als Produkt der Chinesen bekannt.
Porzellan wurde in China nicht erfunden, sondern war Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses. Auf mühevollen Wegen gelangten Porzellanteile ab dem 13. Jahrhundert durch Kaufleute, Forscher und Weltreisende, wie Marco Polo, nach Europa.
Erst seit dem 17. Jahrhundert wurde Porzellan insbesondere über die Niederlande importiert. Die Herstellung des damals sehr kostbaren Materials blieb jedoch das Geheimnis der Chinesen – es musste in Europa neu erfunden werden.

Der Begriff Porzellan
Die Bezeichnung Porzellan leitet sich vom italienischen Wort porcellana ab, dem ursprünglichen Namen einer Meeresschnecke mit weißglänzender, porzellanartiger Schale. Überliefert ist, dass Marco Polo diese Bezeichnung als erster für chinesische Porzellanerzeugnisse verwendete. Wie viele andere glaubte auch er, dass die Chinesen das Porzellan aus dieser Muschelschale herstellten.

Die europäische Wiedererfindung des Porzellans
Mit dem deutschen Alchimisten und Apotheker-Gehilfen Johann Friedrich Böttger (1682 – 1719) wird die Erfindung des Porzellans in Europa verbunden. Nach misslungenen Versuchen Gold herzustellen, führten Experimentierarbeiten auf dem keramischen Gebiet, die Böttger gemeinsam mit Ehrenfried Walther von Tschirnhaus und Abraham von Schönberg durchführte, zum Erfolg. Auf der Albrechtsburg in Meißen entstand 1706 das rote, sogenannte Böttgersteinzeug.
Unter Verwendung weißer Erde (Kaolin) und durch die Verbesserung des Verfahrens gelang 1708 die Herstellung des ersten europäischen Hartporzellans, woraufhin 1710 die Porzellanmanufaktur Meißen zur Aufnahme der Serienfertigung eingerichtet wurde.

Erste europäische Porzellanmanufakturen
Die erste europäische Porzellanmanufaktur wurde mit königlichem Dekret vom 23. Januar 1710 durch den sächsischen Kurfürsten August dem Starken in Dresden gegründet. Im März desselben Jahres erfolgte die Verlegung nach Meißen auf die Albrechtsburg.
In den folgenden Jahren wurden weitere Manufakturen in Europa gegründet:

Porzellanmanufaktur Wien (1718), die französische Manufaktur Sèvres (1745), Chelsea, England (1745), Höchst (1746), Fürstenberg (1747), die Manufaktur Nymphenburg bei München (1747), die Berliner Manufaktur (1751), die Porzellanmanufaktur Frankenthal (1755), die Porzellanmanufaktur Ludwigsburg (1758), Königliche Manufaktur Kopenhagen (1760) und die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin (1763).

Verbreitung der Porzellanherstellung in Deutschland
Im ausgehenden 18. Jahrhundert entstanden neben den fürstlichen Manufakturen privatwirtschaftliche Betriebe. Insbesondere in Thüringen, Oberfranken und Schlesien wurden zahlreiche Privatunternehmen gegründet, die teilweise bis heute bestehen.
An den gewählten Standorten waren die wesentlichen Faktoren für eine Produktionsaufnahme gegeben. Rohstoffe (Kaolin, Tone), Brennmaterial für die Öfen (Holz und Kohle) und Arbeitskräfte und Töpfer waren reichlich vorhanden. Die infolge der Mechanisierung des Webprozesses freigewordenen Arbeitskräfte fanden in den neugegründeten Porzellanfabriken wieder eine Beschäftigung.

PORZELLANPRODUKTION IN NORDBAYERN UND WESTBÖHMEN

In Bayern konzentrierte sich die Porzellanproduktion ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im nördlichen Bayern, dort insbesondere auf den Obermainkreis, auf jenes Gebiet also, welches später zum Regierungsbezirk Oberfranken wurde. Die Nähe zu Thüringen, wo bereits Fachleute mit Knowhow im Bereich der Porzellanherstellung lebten, war ein Faktor für die Standortwahl der Fabriken. Mit der Entdeckung von Kaolin in der Umgebung von Hohenberg a. d. Eger legte der Thüringer Carolus Magnus Hutschenreuther Anfang des 19. Jahrhunderts den Grundstein für das Zentrum der Porzellanindustrie Nordbayerns. Er gründete um 1814 eine Porzellanmalerei, aus der spätestens seit 1822 jene Porzellanfabrik erwuchs, die mit Goldätzkanten-Dekoren und dem leuchtenden Blau ihrer Kobaltglasur insbesondere bei Königshäusern und Staatsmännern beliebt wurde. Die Fabrikgründungen von Hutschenreuthers Sohn Lorenz, von Jacob Zeidler, Philipp Rosenthal usw. in Selb und Umgebung folgten. Zur bayerischen Porzellangeschichte: Ausstellungskatalog  Porzellan für die Welt. 200 Jahre Porzellan der bayerischen Fabriken, Band 1(Schriften und Kataloge des Porzellanikons, Band 113, hrsg. von Wilhelm Siemen), Selb 2014

Die böhmische Porzellanindustrie konzentrierte sich, der Eger folgend, von Elbogen (Loket) bis Klösterle (Klášterec nad Ohří) im Karlsbader Raum, wo die dafür nötigen Rohstoffe Kaolin, Feldspat und Quarz sowie Holz und Kohle reichlich vorhanden waren. Die ersten Porzellanfabriken Böhmens wurden nicht von Fürsten, sondern infolge bürgerlicher Initiativen gegründet, wofür Porzellanhändler und -fabrikanten aus Thüringen, Sachsen und Bayern Anregungen gaben bzw. woran diese beteiligt waren. Das böhmische Porzellan ist demnach in besonderer Weise mit dem deutschen verbunden.  Der erste erfolgreiche Versuch in Böhmen Porzellan zu fertigen, glückte 1789 im 4 km von Schlaggenwald (Horní Slavkov) entfernten Dorf Rabensgrün (Háje). Die daran anschließende Fabrikgründung war wenig erfolgreich, sodass die von Georg Paulus 1792 initiierte Porzellanfabrik im heutigen Horní Slavkov als erste böhmische Porzellanfabrik gilt. Der pensionierte Grubenmeister verkaufte diese Manufaktur wenige Jahre später an Louise Sophie Greiner, die Witwe eines Porzellanfabrikanten aus Gera. Nach ihrem Tod erwarb ihr Schwiegersohn, der Arzt Georg Lippert, die Anteile der übrigen Familienmitglieder und baute mit seinem Teilhaber Wenzl Haas das Unternehmen aus, welches ab 1808 als Lippert & Haas firmierte. Nach dem Tod Lipperts übernahm die Familie Haas in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die gesamte Firma, deren Leitung ab 1867 Georg Haas und dessen Cousin Johann Cžjžek innehatten. In den darauffolgenden 20 Jahren entwickelte sich Haas & Czjzek zum größten Porzellanproduzenten in Böhmen.

KLEINE MATERIALKUNDE

Kaolin + Quarz + Feldspat = Porzellan

Keramik
Die Warengruppenbezeichnung Keramik umfasst jene Waren, die im Wesentlichen aus tonmineralhaltigen Rohstoffen hergestellt und gebrannt werden.
Zu unterscheiden sind Grob- und Feinkeramik. Zur Grobkeramik gehören Ziegel, Bauterrakotten, Klinker und Rohre aus Grobsteinzeug etc., während die Feinkeramik bei der einfachen Töpferware (Irdenware) beginnt und in einer Art Rangfolge über Majolika, Fayence, Steingut, Steinzeug, Feinsteinzeug, Vitreous China, Bone China bis zum Porzellan reicht.

Eigenschaften
Offensichtliche Merkmale von Porzellan sind eine stark glänzende Oberfläche, der helle Klang und die reinweiße Farbe. Die Farbigkeit kann heute durch Einbindung von Farbkörpern in fast alle Farbtöne abgewandelt werden. Die Bruchfläche des Porzellanscherbens ist glatt, dicht und saugt Wasser nicht an. Der Fachmann drückt dies mit den Worten aus: Der Scherben ist gesintert.

Transparenz
Licht schimmert durch Porzellan hindurch, wenn es nicht durch einen zu dicken Scherben daran gehindert wird. Korrekterweise müsste dies als Transluzenz (Durchscheinbarkeit) bezeichnet werden. Im keramischen Bereich hat sich jedoch der Begriff Transparenz durchgesetzt.

Festigkeit
Ein Quadratzentimeter Porzellan widersteht einer Druckbelastung von fünf Tonnen. Diese Eigenschaft ist für Haushaltsporzellan von geringer Bedeutung, jedoch umso wichtiger für den Gastronomiebereich und technisches Porzellan, insbesondere im Bereich der Elektrotechnik. Porzellan hält zudem hoher Zugbelastung stand. Freileitungsisolatoren sind ein gutes Beispiel dafür.

Elektrische Eigenschaft
Porzellan wirkt isolierend und wird deshalb in Niederspannungs- und Hochspannungsanlagen verwendet. Durch seine Hitzeunempfindlichkeit, verbunden mit seiner hohen Isolierfähigkeit, eignet es sich auch für elektrische Widerstände. Die elektrische Durchschlagsfestigkeit beträgt 40.000 Volt bei einer Stärke von 2,5 cm.

Härte
Porzellan hat innerhalb der Mohs- Härteskala die Härte 8, was bedeutet, dass Porzellan alle anderen Materialien mit einer Härte, die weniger als 8 beträgt, ritzen kann. Bei aller Zartheit ist Porzellan physikalisch gesehen also härter als normaler Stahl.

Unterschied zwischen Porzellan und Steingut
Porzellan und Steingut gehören zur großen Familie der Feinkeramik und erscheinen bei flüchtiger Betrachtung fast gleich. Eine Unterscheidung ergibt sich aus den verschiedenen Brenntemperaturen. Diese liegen beim ersten Brand von Porzellan zwischen 900 °C und 950 °C, bei Steingut hingegen zwischen 1100 °C und 1300 °C. Der zweite Brand von Porzellan (Glattbrand mit vollständiger Sinterung) erfolgt bei 1350 °C bis 1450 °C, bei Steingut (Glasurbrand) liegt er zwischen 900 °C und 1200 °C.
Steingut und Porzellan unterscheiden sich auch durch die Art der aufgebrachten Glasur. Im Gegensatz zu Porzellan verbinden sich beim Brennprozess von Steingut Glasur und Scherben nicht, wodurch die Glasur infolge eines Stoßes absplittern kann. Der so freigewordene Scherben ist aufgrund seiner Porosität saugfähig.

PORZELLANARTEN

Hartporzellan / Weichporzellan
Hart- und Weichporzellan unterscheiden sich durch einen abweichenden Kaolinanteil in der Porzellanmasse. Weichporzellan hat einen geringeren Kaolingehalt und wird bei geringerer Temperatur gebrannt, während Hartporzellan einen höheren Kaolingehalt aufweist und dementsprechend bei höheren Temperaturen gebrannt werden muss. Besondere Merkmale des Hartporzellans sind die Oberflächenhärte der Glasur und ein besonders fester Scherben.
In Europa wird vorwiegend Hartporzellan produziert, in China hauptsächlich Weichporzellan.

Bone China Porzellan
Bone China Porzellan ist auch als Knochenporzellan bekannt und unterscheidet sich von anderen Porzellanen durch das Mischverhältnis der Rohstoffe: 50 bis 60 Prozent Knochenasche oder Calciumphosphat, 15 bis 30 Prozent Quarz, Feldspat und Kaolin (geringer als bei Hartporzellan).
Bei einer Brenntemperatur von 1240 °C und 1280 °C wird Bone China bereits beim ersten Brand dicht gebrannt. Bei 920 °C bis 1125°C wird die Glasur aufgebrannt. Die geringere Brenntemperatur ermöglicht eine vielfältigere Farbgestaltung bei der Unterglasur- und Inglasurdekoration.
Auffälligstes Merkmal von Bone China Porzellan ist der lichtdurchlässige Scherben und die strahlend weiße Farbe.

Frittenporzellan (porcelaine à fritte)
Frittenporzellan ähnelt äußerlich dem herkömmlichen Porzellan, steht dem Glas jedoch viel näher als andere Porzellanarten. Bei der Herstellung wird zunächst eine glasige Masse aus Sand, Salpeter, Kochsalz, gebranntem Alaun, Soda und Gips zur Fritte zusammengeschmolzen. Diese wird nach dem Erkalten pulverisiert, mit je 12,5 Teilen Kreide sowie Kalkmergel versetzt und fertiggesintert. Dieses Porzellan enthält kein Kaolin. Die Glasur besteht aus einer vorgeschmolzenen Mischung aus Quarz, Pottasche sowie Soda und wird auf bereits gebrannte Porzellanstücke bei relativ niedrigen Brenntemperaturen aufgeschmolzen.  
Frittenporzellan ist nicht sehr widerstandsfähig und wird lediglich für Sonderprodukte, wie Ziergegenstände, Porzellanknöpfe etc. verwendet.

Seladon-Porzellan
Seladon-Porzellan bezeichnet zartgrünes Porzellan. Durch die Beimischung von Chromverbindungen zur Masse oder Glasur erscheint das Porzellan nach dem Glattbrand in zartgrünem Jadeton.
In China wurden die ersten Seladon-Porzellane in der Zeit der Sung-Dynastie unter dem Namen Pi-si (geheime Farbe) hergestellt. Der grüne Farbton entstand durch Beimischen von geringen Mengen Eisenoxid und unter Sauerstoffentzug.

Porcelaine noire – schwarzes Porzellan
Bereits im 11. Jahrhundert wurde in Peru dunkle, sogenannte Chimú-Keramik hergestellt. Josiah Wedgwood entwickelte im 18. Jahrhundert in England unter der Bezeichnung Black Basalt schwarz gefärbte, steinzeugähnliche Produkte und Steinzeug.
Die Rosenthal GmbH produziert schwarzes Porzellan unter der Handelsbezeichnung Porcelaine noire.

Rosa-Porzellan
Dieses Porzellan entsteht durch das Beimischen von Mangansalzen oder durch den Zusatz von Goldverbindungen zur Masse. Gebrannt wird Rosa- oder Rosé-Porzellan bei den üblichen Glattbrandtemperaturen.

Braunes Porzellan
Um braunes Porzellan zu erhalten, muss entweder die Masse oder die Glasur braun eingefärbt werden. Häufiger wird durch den Zusatz von Eisenoxid, Manganoxid oder Chromoxid die Glasur gefärbt. Weniger üblich ist die Färbung der Masse durch braun brennende Tone. Braunes Porzellan wird insbesondere für Koch-, Brat- und Backgeschirre verwendet.  

Biskuitporzellan
Biskuitporzellan wird unglasiert gebrannt. Wasserundurchlässigkeit trotz rauer Oberfläche ist wohl das auffälligste Merkmal dieses Porzellans, welches während des Klassizismus wegen dessen marmorähnlichen Aussehens sehr beliebt war.

Kobalt Porzellan

Eine der ältesten keramischen Veredelungsarten ist die Kobaltdekoration.  Hierfür wird eine Mischung aus Glasfritte (Glasur) und Kobaltoxid auf weißes Porzellan aufgetragen und ein zweites Mal zwischen 1350 °C und 1450 °C gebrannt. Die Echtheit eines Kolbalt-Dekors ist erkennbar durch einen nicht klar abgegrenzten Übergang von dekorierter zu undekorierter Fläche.

PORZELLANPRODUKTION

Der Anfang gab´s der Erde, die Erde den Händen, die Hände dem Feuer, das Feuer dem Licht zum Spiele: Hart, doch zart, undurchsichtig, doch klar:
Das ist vollendet.

Aus dem Chinesischen

Modell & Formen
Grundlage aller Produktionsschritte ist die Zeichnung. Ausgehend von dieser Zeichnung wird ein Ton- bzw. Gipsmodell angefertigt. Bei der Herstellung des Modells muss der Entwerfer die spätere Schwindung, die etwa 16 Prozent beträgt, beachten und das Modell dementsprechend 16 Prozent größer anfertigen. Anschließend wird die sogenannte Mutterform aus Kunststoff oder Metall gegossen. Diese Mutterform dient der Produktion von Arbeitsformen aus Gips. Erst mit diesen Gipsformen können Porzellanstücke geformt oder gegossen werden.

Rohstoff – Aufbereitung
Im Sprachgebrauch der Porzelliner ist Masse der gängige Begriff für das plastische, flüssige oder pulverförmige Gemenge der einzelnen Rohstoffe.
Unterschieden werden Drehmasse (plastisch), Gießmasse (flüssig) und Pressmasse (Granulate). Für die Herstellung der flüssigen und plastischen Masse, vom Porzelliner Schlicker genannt, werden die Rohstoffe in großen Trommelmühlen und unter Zusatz von Wasser und Mahlkugeln fein gemahlen und gemischt. Anschließend läuft die flüssige Masse über ein Magnetband, welches alle Eisenteile zurückhält, die auf den fertiggebrannten Stücken als braune Flecken sichtbar würden. Ein sehr feinmaschiges Schüttelsieb hält weitere Verunreinigungen zurück. Für die plastische Drehmasse wird mittels einer hydraulischen Filterpresse der größte Teil des Wassers und mit einer Vakuumpresse die Luft entzogen. Erst jetzt ist die Masse formbar.

Drehen
Das Drehen von Porzellanteilen erfolgt durch Überformen oder Einformen.
Beim Überformen wird die Masse von Hand mit Schablone oder maschinell mit beheizten Rollwerkzeugen über Gipsformen gearbeitet.
Mittels dieses aufwendigen Verfahrens, mittlerweile durch das Pressverfahren abgelöst, wurden jahrzehntelang rotationssymmetrische Formen (Teller etc.) hergestellt.

Beim Einformen wird die Masse in Gipsformen eingedreht (Tassen, Schüsseln etc.).

Isostatisches Pressen
Für Teller, Platten und unkomplizierte Schüsseln, die mittels dieses Verfahrens hergestellt werden, dienen winzige Körnchen als Porzellanmasse. Dieses Granulat wird in die Pressform eingefüllt und unter hohem Druck (270 bis 300 bar) verdichtet. Die so entstandenen Artikel müssen lediglich am Rand verputzt werden und sind stärker geformt als bei anderen Herstellungsverfahren.  

Gießen
Kannen, Henkel, Dosen, ovale Platten oder Figurenteile werden in Gipsformen gegossen, wozu eine Porzellanmasse (Schlicker) verwendet wird, die durch Zusatz von Verflüssigungsmitteln wie Soda gießfähig gemacht wurde.
Die mit Schlicker befüllten zwei- oder mehrteiligen Formen saugen das Wasser des Schlickers an, sodass an der Gipswand eine gleichmäßige, feste Masseschicht, der Scherben, entsteht. Die gewünschte Scherbenstärke ergibt sich durch die Verweildauer des Schlickers in der Form.
Die restliche, noch flüssige Porzellanmasse wird wieder aus den Formen gegossen.

Glühbrand
Nach dem Vortrocknen wird das Porzellan bei ca. 1000 °C zum ersten Mal gebrannt, wodurch es nicht mehr wasserlöslich, jedoch porös und wasseraufnahmefähig ist.
Auf dem Brenntisch wird das Porzellan durch offenes Feuer gefahren. Im Gegensatz zu alten Tunnelofenverfahren (Brennzeit 36 bis 40 Stunden) wird heute die Feuerführung besser genutzt und die Brennzeit auf 4,5 Stunden reduziert, was den Energieverbrauch erheblich senkt.

Glasieren
Die verglühten Teile werden am Boden mit der Firmenmarke versehen (Bodenmarke) und glasiert. Die Glasur selbst besteht aus Quarz, Feldspat, wenig Kaolin und einem hohen Anteil verschiedener Flussmittel. Sie wird durch manuelles oder maschinelles Eintauchen in das Glasurbad auf das Porzellan gebracht. Von Standringen und Auflageflächen wird die Glasur sofort wieder entfernt, um ein Festhaften beim Brennen zu vermeiden.
Im Glattbrand schmilzt sie bevor der Scherben dicht wird, wodurch sich Porzellanscherben und Glasur fest verbinden.

Glattbrand
Beim Glatt- oder Scharffeuer-Brand schwindet die Masse bei einer Temperatur von bis zu 1450 °C  und wird wasserdicht. Sie sintert zum harten, feinen, durchscheinenden Porzellan. Dabei verändert sich die Masse sowohl chemisch als auch in ihrer Form, was bei jedem Stück unterschiedlich verläuft. Das Porzellan ist nun ca. 16 Prozent kleiner als bei der Ausformung. Auch der Glattbrand erfolgt heute meist in einem Brandtischofen.

Schleifen
Die unglasierten Standringe und Auflageflächen des Porzellans, die nach dem zweiten Brand noch rau sind, werden durch mehrfaches Schleifen und Polieren geglättet.

Sortierung
Das undekorierte Porzellan, auch Weißware genannt, wird von fachkundigem Personal sorgfältig sortiert. Viel Erfahrung ist nötig, um fehlerhafte Stücke auszusortieren.
Die typischen Materialeigenschaften und der keramische Fertigungsprozess führen grundsätzlich zu geringfügigen Abweichungen unter den einzelnen Stücken. Die Sortierarbeit trennt peinlich genau nach Graden solcher Abweichungen und scheidet fehlerhafte Stücke aus.

Dekore
Reich dekorierte Porzellanteile durchlaufen 6 Brände: Glühbrand / Glattbrand / 4 Dekorbrände

Dekorfolie
Üblich ist das Auflegen einer hauchdünnen, nassen Farbfolie auf die Weißware. Die Dekorfolien selbst werden hauptsächlich im Siebdruckverfahren hergestellt. In der Vergangenheit nur für die Dekoration von Servicen verwendet, werden sie heute auch für kostbare, limitierte Serien genutzt, die in Handmalerei nicht auszuführen sind.

Handmalerei
Handgemalt sind z.B. Lüsterdekore, Gold- und Platinbänder, Goldätzdekore und vergoldete Reliefs.
Die Goldauflage wird nach dem Brand mit Glashaarbürsten oder Achatsteinen auf Hochglanz poliert. Eine handgemalte Auflage aus Poliergold enthält bis zu 95 Prozent reines Gold (22 Karat). Daneben gibt es noch die Dekoration mit Glanzgold, das einen geringeren  Goldgehalt besitzt, aber bereits glänzend aus dem Ofen kommt. Von Hand werden auch alle Figuren bemalt. Dabei wird entweder auf der Glasur gemalt oder auf dem verglühten Scherben, der anschließend glasiert und glattgebrannt wird.

Fond-Dekore
Um größere Flächen eines Porzellanstücks mit einer Farbe zu bedecken, wird dieser Farbfond mit einer Spritzpistole gleichmäßig auf das Porzellan aufgespritzt. Hierbei werden zuvor alle Flächen, die weiß bleiben sollen, mit Lack isoliert, der nach dem Spritzen zu entfernen ist. Nach Abziehen der Lackschicht und vor dem Brennen werden die weißen Flächen des Porzellans sorgfältig geputzt. Kleinste Farbrückstände würden nach dem Brand als Flecken sichtbar werden.

Ätzgolddekore
Für diese Dekore werden Teile des Musters durch Flusssäure, die als einzige Säure Porzellan angreift, aus der Glasur ausgeätzt, nachdem die nicht zu ätzenden Teile mit einem Schutzlack isoliert worden sind.
Je länger das Porzellan der Säure ausgesetzt ist, umso tiefer wird der Dekor eingeätzt.
Anschließend wird der Dekor zweimal handvergoldet. Jede Goldauflage muss einzeln aufgebrannt werden. Nach dem zweiten Brand wird das Gold mit Glashaarbürsten poliert.

Unterglasur-Dekor-Brand
Unterglasurdekore werden nach dem ersten Brand (Glühbrand) auf das noch poröse Porzellan häufig in Handarbeit aufgetragen. Anschließend wird glasiert und bis 1450 °C glattgebrannt.
Auch die Bodenmarke wird vor dem Glasieren aufgestempelt. Sie liegt unter der Glasur.
Für die hohen Brenntemperaturen sind nur wenige Farben geeignet. Dazu gehören Kobaltblau, Grün, Braun, ein mattes Gelb sowie Mischungen dieser Farben von Grau bis Schwarz.
Unterglasur-Kobalt-Dekore werden gern mit Ätzgolddekoren kombiniert.

Hochtemperatur-Dekor-Brand
Derartige Dekore werden mittels Farbfolien, Handmalerei oder Fondspritzen auf das fertige Porzellan aufgetragen. Im Gegensatz zum Unterglasurbrand können beim Hochtemperaturbrand wesentlich mehr Farbtöne sowie Gold und Platin in die Glasur einschmelzen.
In 90 Minuten wird das Porzellan auf 1250 °C erhitzt, sodass die Dekore in die erweichte Glasur einsinken und von dieser geschützt werden. Hochtemperatur-Dekore sind spülmaschinenfest und unempfindlich gegen Oberflächeneinwirkungen.

Aufglasur-Dekor-Brand
Derartige Dekore werden ebenfalls durch Farbfolien, Fondspritzen oder in Handmalerei auf das fertige Porzellan aufgetragen. Intensive Farben, wie Rot und Orange, die hohen Brenntemperaturen nicht standhalten sowie reiche Gold-, Platin- und Lüsterdekore werden zwischen 800°C und 900 °C auf die Glasur aufgebrannt. Aufglasur-Dekore sind weniger glatt als die Glasur und können daher erfühlt werden.


Verband der Keramischen Industrie e. V. (Hg.), 100 Fragen über Porzellan - Warum? Weshalb? Wieso?, 2008 Hier bestellen.